Aufgrund des schlechten Wetters – die Wolken hängen sehr tief und es fängt später wieder an zu regnen – schenken wir uns die eigentlich geplante Fahrt mit der Tramway auf den Whistler Mountain, den Hausberg Jaspers. Man würde sowieso nichts sehen von da oben. Wir haben die absolute Tages-Tiefsttemperatur auf diesem Urlaub: 8° C! Wir starten zum Maligne Canyon, unser Reiseführer schwärmt von dieser als vielleicht schönste Klamm in British Columbia. Es ist auch wirklich fantastisch dort, teilweise ist die Schlucht so tief und schmal, dass man das tief unten fließende Wasser zwar noch hört, aber nicht mehr sehen kann.
Der Fluss, der in der Klamm entlang fließt, wird zum Ende zu immer breiter, was daran liegt, dass unterirdisch durch verschiedene Felsläufe immer wieder Wasser zufließt. An einer Stelle kann man deutlich einen breiten Zulauf erkennen. Wir laufen ein gutes Stück den Trampelpfad an der Schlucht entlang, leider ist ein Teil des Weges so matschig, dass wir eine Brücke über die Schlucht nicht betreten. Mitten auf dem Weg steht auf einmal ein – wahrscheinlich weiblicher – Maultierhirsch und guckt uns genauso erschreckt an wie wir es. Leider ist es sehr schnell fortgelaufen, die Kamera war noch nicht schussbereit. Den Rückweg von der Klamm wandern wir auf einem trockeneren Wanderweg weiter oberhalb, wir kommen trotz Regen und Kälte richtig ins Schwitzen. Auf der Weiterfahrt zum Medicine Lake und Maligne Lake gibt es wieder einen Auflauf am Straßenrand: Eine Elchmama und ihr Junges stehen gleich unterhalb der Straße und fressen gemütlich. Sie glotzen uns an, als ob sie sich fragen, warum wir so begeistert schauen und sie fotografieren. Am Medicine Lake fahren wir vorbei, im Regen sieht er nicht so berauschend aus. Man sieht auch nicht so viel von der eigentlichen Attraktion, nämlich große Flächen, wo das Wasser des Sees versickert ist. Da den Indianern dieses Verschwinden des Wassers nicht so ganz geheuer war, haben sie den See Medicine Lake getauft. Am Maligne Lake angekommen nehmen wir nur einen kleinen Snack und verfüttern einen Teil unserer Erdnüsse an ein freches Eichhörnchen, das sogar für die Leckerbissen an meiner Hose hochklettert. Es schnappt sich die Nuss, läuft am Bein wieder herunter, legt die Nuss quer ins Maul, rennt weg und versteckt sie für schlechte Zeiten. Dann kommt es wieder angelaufen. Nachdem wir dies ein paar Mal „geübt“ haben, erkennt mich das Eichhörnchen von ganz alleine, ich brauche ihm keine Nuss mehr hinzuhalten, um es zu locken. Teilweise befürchte ich, es werde sich in meine Jackentasche stürzen, in der ich die Leckerbissen habe. Für das Foto muss ich die Nuss eine Zeitlang festhalten und bin sehr erstaunt, wie viel Kraft das kleine Tier aufbringt. Wegen des schlechten Wetters haben wir kein einziges Foto des Sees gemacht, kaufen aber ein paar „Beweis-Postkarten“ der Umgebung. Die mit 35 Can$ pro Person unserer Meinung nach völlig überteuerte Touri-Bootstour zum Spirit Island, dem meistfotografierten Bild der Rockies Mountains, sparen wir uns bei dem schlechten Wetter und beschließen, lieber noch mal nach Miette Hot Springs zu fahren. Auf der Strecke dorthin – dem Highway 16 – sehen wir eine ganze Menge Tiere: Wapitikühe mit Jungen, zwei davon grasen seelenruhig dicht an der Straße, einen Fuchs oder Wolf, er ist leider zu tief im Wald zum Fotografieren, und einen beachtlichen 12-Ender-Wapiti, der einen kleinen Menschenauflauf verursacht. Dann tauchen auch noch Bergziegen oder Steinböcke auf, teilweise kommen sie recht nah ans Auto, wahrscheinliche sind sie bereits von Touristen gefüttert worden. Auf der Seitenstraße nach Miette Hot Springs haben wir dann allerdings kein Glück trotz der Bärenwarnung am Beginn der Straße. Zurück auf Highway 16 sehen wir – außer den schon „bekannten“ Bergziegen und Wapitis – noch einen Wolf (wir halten ihn jedenfalls dafür, es soll sich aber heraus stellen, dass es ein Kojote ist), der die Straße überqueren will. Allerdings machen die vielen Touristen, die ihn betrachten und fotografieren, ihm dieses Vorhaben nicht gerade leicht. Es ist wirklich lustig auf diesem Highway, alle 50 oder 100 Meter halten wieder Autos, jeder fährt langsam, um zu sehen, was die ersten entdeckt haben. Wenn einer nur mal hält, weil er was aus dem Kofferraum holen will oder vielleicht einen Berg fotografiert, halten schon wieder einige Autos hinter ihm. Wir lachen viel – und vergessen dadurch das eigentlich schlechte Wetter. Zurück am Motel kann ich vom Balkon vor unserem Zimmer einen Stein- oder jungen Weißkopfadler sehen, der – dank des Fernglases – recht gut zu erkennen ist. Leider fliegt er schnell zurück in die Berge.
Kilometerstand: 12.990 km (Tagesleistung 222 km)