Unser letzter Tag in Kanada bricht an. Wir frühstücken im Hotel (ich freue mich mittlerweile sehr auf ein normales, weichgekochtes Ei – ich kann keine Rühreier mehr sehen) und packen die Koffer zusammen. Diesmal haben wir die mitgenommene Reisetasche vollgepackt, so dass die Koffer etwas entlastet sind und sich leichter schließen lassen. Wir verstauen alles im Auto, das wir noch etwas „entmisten“ und fahren Downtown.
Die Strecke, die ich auf dem Plan raussuche, führt uns genau durch das Fixer- und Armenviertel Vancouvers. Es ist kaum zu glauben, wie viele zwielichtige und zerlumpte Gestalten hier zu sehen sind. Eine Frau setzt sich mitten auf der Straße ihren Schuss, nur an der einen Seite verdeckt durch eine Reklametafel. Hier würde ich zu Fuß nicht gerne unterwegs sein wollen. Wir fahren bis zu dem Parkplatz der Helikopter-Firma, da wir dort unser Auto bis nach dem Flug abstellen wollen. Ich finde es ja schon ziemlich kleinlich, dass die Firma – trotz des gebuchten Rundflugs, immerhin 480 Can$ für uns alle zusammen – noch 2 Can$ pro Stunde Parkgebühren verlangen. Bei den vielen freien Parkplätzen draußen und den horrenden Preisen für einen Flug – ich glaube, wenn der Angestellte deutsch verstanden hätte, hätte ich meinem Unmut schon mal Luft gemacht. Wir laufen ein wenig Richtung Innenstadt und gehen in die Pacific …??, die an das Eaton Centre angrenzt. Dort trennen wir uns für eine Stunde, so dass jeder noch mal in Ruhe bummeln kann. Wir werden auch tatsächlich noch fündig: Klamotten von Esprit, Turnschuhe, Jeans, Mitbringsel – es scheint, wir haben nun doch noch ein paar richtige Läden gefunden. Um kurz vor 13.00 Uhr treffen wir uns wieder und schlagen den Weg zur Helikopter-Firma ein. Wir sind schon ein wenig aufgeregt, was da wohl auf uns zukommt. Kurz nachdem wir in dem Warteraum Platz genommen haben – es gibt übriges Kaffee, Tee und Wasser kostenfrei, wenigstens etwas – landet ein größerer Helikopter, leider aber eine Maschine nach Victoria, wie wir später feststellen. Und wir warten und warten … als die Maschine nach 15 Minuten Verspätung immer noch nicht da ist, werden endlich die zwei Angestellten , die da sind, aktiv und telefonieren. Mit dem Resultat, dass sie uns mitteilen, dass es noch weitere 15 Minuten dauert, bis der Heli kommt. Wir sind schon ein wenig ungehalten über die lange Wartezeit, daran können auch die Entschuldigungen des Angestellten nichts ändern. Der Heli kommt dann allerdings um kurz nach 14.00 Uhr, wird betankt und dann dürfen wir einsteigen. Unser Pilot stellt sich vor und fragt nach unseren Namen, wir setzten alle die typischen Kopfhörer auf und dann hebt er ab. Ein tolles Gefühl! Langsam fliegen wir recht tief noch über das Wasser, dann geht es höher, links liegt der Stanley Park und wir überfliegen die Lions Gate Bridge. Dann geht er wieder runter auf 60, 70 Meter und überfliegt das Meer. Von den vielen Schiffen winken uns die Leute zu und wir entwickeln ein Gefühl wie bei Miami Vice. Wir fliegen an der Horseshoe Bay vorbei, eine der BC Ferries läuft gerade ein, und folgen der Küste und dem Highway 99 eine Zeitlang. Dann dreht unser Pilot ab, steigt über Wälder langsam hoch und überfliegt einen Bergrücken. Man merkt genau, wie sich hier die Luftströme ändern und die Maschine mehr oder weniger Auftrieb bekommt. Mir wird schon etwas mulmig, aber die Aussicht ist grandios – Berge, Bäume und kurz hintereinander drei der schönen, grünen Bergseen. Wir folgen den Bergen eine ganze Zeitlang, sehen sogar noch einige Eisplatten, obwohl wir nur 1.100 Meter hoch sein sollen und fliegen, bis wir zum Fraser River ?? und damit wieder nach North Vancouver kommen. Wir sehen die Lions Gate Bridge noch einmal aus einer anderen Perspektive und fliegen dann auf den Landeplatz. Ein super Flug – leider nur so kurz, trotz meinem flauen Gefühl im Magen wäre ich gerne noch länger geflogen. Mit einem Hochgefühl bei uns allen setzen wir uns ins Auto und fahren Richtung Granville Island, wo wir die letzten Stunden unseres Kanada-Aufenthalts verbringen wollen. Wir fahren über die Granville Bridge und finden nach ein paar Minuten auch einen Parkplatz außerhalb der Halbinsel. Wir laufen zu den kleinen Geschäften und Marktständen und finden auch recht schnell einen Laden, der Lachs in allen Variationen verkauft. Wir wollen unserer Nachbarin noch etwas mitbringen und kaufen geräucherten Lache für sie und für uns, Lachspastete für Mutsch und Lachs- und Krabbenpastete für uns. In dem Laden riecht es so gut und intensiv nach Fisch, dass wir richtig Hunger bekommen. Im nächsten Laden werden Krabben, Hummer und Muscheln verkauft, ganz frisch, und sogar noch lebend eingepackt. Dann finden wir ein nettes Lokal am Kai und essen alle noch mal Fisch, bevor es wieder nach Hause geht. Wir schlendern später noch durch die Markthalle – Obst, Wurst, Käse, Blumen, Fisch, Fleisch – alles, was das Herz begehrt und superlecker sieht es aus. Wir laufen zurück zum Auto und fahren zum Flughafen. Die Rückgabe des Leihwagens ist hervorragend ausgeschildert und sehr leicht zu finden. Leider habe ich vergessen, in der Eile beim Autoabgeben, Gepäck zusammensuchen, restlichen Müll entsorgen den genauen End-Kilometerstand aufzuschreiben, aber es müssen ungefähr 15.450 km gewesen sein, wir sind also über 4.400 km gefahren in den drei Wochen – eine stolze Leistung, das ist mehr als die Hälfte der Strecke mit dem Flieger nach Hause! Wir geben das Auto ab, gehen zum Flughafen und checken ein, alles geht recht schnell. Dann laufen wir noch durch die Duty Frees, finden aber alles sehr teuer dort. Beim Zugang zum Gate zahlen wir 15 Can$ pro Person Flughafen-Erneuerungsgebühr, ganz schön frech von den Kanadiern, so was zahlt bei uns der Staat oder die Airlines, aber nicht die Passagiere. Ich trinke mein letztes Molson Canadian und wir gehen dann in den Flieger. Recht pünktlich starten wir und fliegen über die ganzen schönen Berge British Columbias. Leider wird es recht schnell dunkel, so dass man von den Rockies nicht mehr viel sieht. Ich nehme Abschied von den Bergen, den Tieren und der wunderschönen Natur hier. Ich kann verstehen, warum so viele Leute hierher auswandern, hier leben wollen – es ist nicht so eng, so hektisch und so kleinlich wie bei uns. Mir hat es sehr gut gefallen und ich werde versuchen, nicht zum letzten Mal hier gewesen zu sein. Wir schlafen alle schlecht, wie immer in einem engen Flieger und landen dementsprechend erschöpft und wortkarg in London. Hier kommt das erste Deja-Vu-Gefühl hoch, denn genau das, was wir vor drei Wochen getan haben – Busfahren, Gänge entlang laufen, Gepäckkontrolle – machen wir jetzt auch wieder. Nur das wir diesmal – ein Glück – nicht so lange Aufenthalt haben. Wir besteigen unseren Anschlussflug nach Frankfurt und landen auch dort wohlbehalten. Müde und erschöpft, aber sehr entspannt und glücklich kommen wir wieder zu Hause an.